1. Die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson ist unbedingt erforderlich. Das heißt, dass die betreffende Person im juristischen Sinne fähig sein muss, ihre Einwilligung zu geben; dass sie in der Lage
sein muss, unbeeinflusst durch Gewalt, Betrug, List, Druck, Vortäuschung oder irgendeine andere Form
der Überredung oder des Zwanges, von ihrem Urteilsvermögen Gebrauch zu machen; dass sie das
betreffende Gebiet in seinen Einzelheiten hinreichend kennen und verstehen muss, um eine verständige und informierte Entscheidung treffen zu können. Diese letzte Bedingung macht es notwendig, dass
der Versuchsperson vor der Einholung ihrer Zustimmung das Wesen, die Länge und der Zweck des
Versuches klargemacht werden; sowie die Methode und die Mittel, welche angewendet werden sollen,
alle Unannehmlichkeiten und Gefahren, welche mit Fug zu erwarten sind, und die Folgen für ihre Gesundheit oder ihre Person, welche sich aus der Teilnahme ergeben mögen. Die Pflicht und Verantwortlichkeit, den Wert der Zustimmung festzustellen, obliegt jedem, der den Versuch anordnet, leitet oder
ihn durchführt. Dies ist eine persönliche Pflicht und Verantwortlichkeit, welche nicht straflos an andere
weitergegeben werden kann.
2. Der Versuch muss so gestaltet sein, dass fruchtbare Ergebnisse für das Wohl der Gesellschaft zu
erwarten sind, welche nicht durch andere Forschungsmittel oder Methoden zu erlangen sind. Er darf
seiner Natur nach nicht willkürlich oder überflüssig sein.
3. Der Versuch ist so zu planen und auf Ergebnissen von Tierversuchen und naturkundlichem Wissen
über die Krankheit oder das Forschungsproblem aufzubauen, dass die zu erwartenden Ergebnisse die
Durchführung des Versuchs rechtfertigen werden.
4. Der Versuch ist so auszuführen, dass alles unnötige körperliche und seelische Leiden und Schädigungen vermieden werden.
5. Kein Versuch darf durchgeführt werden, wenn von vornherein mit Fug angenommen werden kann,
dass es zum Tod oder einem dauernden Schaden führen wird, höchstens jene Versuche ausgenommen, bei welchen der Versuchsleiter gleichzeitig als Versuchsperson dient.
6. Die Gefährdung darf niemals über jene Grenzen hinausgehen, die durch die humanitäre Bedeutung
des zu lösenden Problems vorgegeben sind.
7. Es ist für ausreichende Vorbereitung und geeignete Vorrichtungen Sorge zu tragen, um die Versuchsperson auch vor der geringsten Möglichkeit von Verletzung, bleibendem Schaden oder Tod zu
schützen.
8. Der Versuch darf nur von wissenschaftlich qualifizierten Personen durchgeführt werden. Größte
Geschicklichkeit und Vorsicht sind auf allen Stufen des Versuchs von denjenigen zu verlangen, die den
Versuch leiten oder durchführen.
9. Während des Versuches muss der Versuchsperson freigestellt bleiben, den Versuch zu beenden,
wenn sie körperlich oder psychisch einen Punkt erreicht hat, an dem ihr seine Fortsetzung unmöglich
erscheint.
10. Im Verlauf des Versuchs muss der Versuchsleiter jederzeit darauf vorbereitet sein, den Versuch
abzubrechen, wenn er auf Grund des von ihm verlangten guten Glaubens, seiner besonderen Erfahrung
und seines sorgfältigen Urteils vermuten muss, dass eine Fortsetzung des Versuches eine Verletzung,
eine bleibende Schädigung oder den Tod der Versuchsperson zur Folge haben könnte.